yeran reist
In jedem Anfang
liegt die Ewigkeit
HUGO VON HOFMANNSTHAL
12_02_2025
wir machen eine pause entlang der "route des kasbahs". eine unglaublich flache ebene, weit entfernt berge in unterschiedlichen farbschichten. ich stehe. staune. ich fühle mich klein, diese schönheit macht mich demütig. erfüllt mich mit einer tiefen freude. und mit einer inneren kraft. wie werde ich meine heimat wieder erleben? werde ich mich eingeengt fühlen? wird mich die sehnsucht nach dieser stille, dieser weite, diesem licht nicht zerreissen?
11_02_2025
die wüste erg chebbi haben wir verlassen - stille tage am rand der dünen. nun stehen wir frei in einer steinwüste in der nähe des stausees "barrage al-hassan addakhil. irgendwo im nirgendwo. doch nur kurze zeit später tauchen vereinzelte menschen auf vor unserem camper. eine frau mit einem baby auf dem rücken. sie lädt uns ein zum essen, aber ich habe gerade gekocht. später kommt wieder eine frau, ein kind auf dem rücken, das andere an der hand. und eine weile später kommt ali, der uns begrüsst und sagt, er schaue, dass wir in der nacht sicher seien. er will uns fossilien und schmuck verkaufen. und honig. er zeigt uns. wo seine bienenstöcke sind, weit oben in den bergen. honig kaufe ich gerne. wir verhandeln den preis. im feilschen fühle ich mich inzwischen etwas sicherer. eine halbe stunde später klopft er an unsere türe und bringt den honig. wir plaudern, lachen, versuchen uns zu verständigen. diese menschen muss man einfach lieben. diese herzlichkeit. diese freundlichkeit. aber nein-sagen müssen wir auch immer wieder üben. und dass ein nein genügt, dafür bin ich dankbar.
07_02_2025
wir sind im camp serdrar in der nähe von tazzarine. wieder einmal wäsche waschen, den sand aus dem camper wischen und die ruhe geniessen. in der abendsonne wandere ich auf sand- und schotterpisten in dieser unglaublichen weite. die steinfelder leuchten in einem leichten lila. sanfte hügel, in der ferne hohe berge im dunst, und einfach nur stille. bis die sonne untergeht und alles in leuchtendes licht taucht.
04_02_2025
wir sind in der wüste angekommen. sand wir in meine äugen gestreut. abends wird es ruhiger. wir treffen bekannte, tauschen uns aus. und abends sitze ich am lagerfeuer. bei jedem camper sind kerzen aufgestellt. und über uns ein sternenhimmel von unglaublicher schönheit.
30_01_2025
wir wandern in die oase afra nach agadir lehna und folgen den wasserkanälen. luzerne wächst zwischen den palmen und hin und wieder begegnen wir frauen, die schwer beladen die ernte heimführen oder in den angelegten wasserkanälen ihre wäsche waschen. über kanäle wird das wasser in die oasengärten geleitet. durch einige rinnt warmes, klares wasser, andere sind trocken. in einer kleinen lehmhütte befindet sich die historische wasseruhr. leider ist die türe verschlossen. aber ein berber erklärt uns das über fünfhundert jahre alte bewässerungssystem. beim imghi basin, einem wunderschön angelegten wasserbecken neben einer moschee, ruhen wir uns aus und hören den ruf den muezzins.
29_01_2025
wir fahren von tafraoute über igherm nach tata. eine landschaft von unglaublicher schönheit. arganbäume. vereinzelte mandelbäume blühen bereits. die enge bergstrasse führt uns hoch in kleine bergdörfer und dann wieder in grossen kurven weit ins tal, durch wadis mit ihren palmenhainen, entlang von grünen feldern, auf denen luzerne angebaut wurde, über grosse, trockene flussbette. links und rechts der strasse sehen wir die sandfarbenen, runden berge, dann wieder hohe berge in dunklem grau, weite ebenen und immer wieder vorbereitete felder terrassenartig angelegt, auf denen jedoch noch nichts gedeiht. die berge kommen uns vor, als wären sie kunstvoll angelegt oder gefaltet worden und die verschiedenen sedimentschichten leuchten in unterschiedlichen farben und formen. wir staunen, dass wir hier kaum jemandem begegnen, nur hin und wieder fährt uns ein schwer beladener lastwagen entgegen oder ein moped. kurz vor tata sitzt auf einem felsen ein hirte. eine riesige herde, schafe, ziegen - und endlich sehen wir sie - kamele. wie frei sie hier sind, diese tiere. auch wenn die gegend äusserst karg ist, sehen sie gut genährt aus. für die nächsten tage stehen wir auf einem campingplatz mit blick auf das wadi und einen palmenhain. einschlafen beim froschkonzert.
26_01_2025
elf stunden sonnenschein. ein weites tal. palmen. und zu allen seiten berge. in der nacht ist es schön kühl, hier in tafraoute. wir fahren mit unseren bikes von unserem platz, wo wir seit acht tagen stehen, nach tagdicht - von 1000 m. ü. M. auf 1794 m. ü. M. zuerst durch das ammelntal, dann weiter in engen serpentinen steil aufwärts. diese strecke bringt mich an den rand des mir möglichen - sowohl körperlich als auch technisch. aber die atemberaubenden ausblicke, diese weite, diese berge treiben uns weiter - bis die strasse in tagdicht in einem wanderweg endet. wir trinken einen tee absinthe und lernen ein paar aus der provence kennen. wieder eine dieser bereichernden begegnungen. dann geht es erholt die zehn kilometer runter ins tal. mein liebster lässt es sausen - ich fahre vorsichtig, brauche hin und wieder eine pause, damit die bremsen meines bikes nicht zu heiss werden. unterwegs treffen wir einen berber. er stösst sein altes fahrrad den berg hoch. er hat noch neun kilometer vor sich. ein kurzer gruss, ein lächeln, das zu einem strahlen wird, als er eine orange von uns in die hand gedrückt bekommt. tanemmirt. danke.
11_01_2025
wir sind der einladung gefolgt. wir sitzen auf weichen kissen. trinken tee. brechen das brot und tauchen es in süsse zitronen-nelken-melasse. und dann werde ich eingekleidet - am ende stehe ich da in einer amazigh-festtracht, gewickelt in weiche, fliessende stoffe, geschmückt mit schwerem, kostbarem silberschmuck an handgelenken, um den hals und um die taille. dann wird musik gespielt und tanzschritte werden gezeigt. es wird geklatscht. und gelacht. eine unvergessliche begegnung mit einer frau, die ein grosses herz hat.
10_01_2025
und dann gibt es sie doch, diese wunderbaren begegnungen. wir sind auf einer biketour. zwei berberinnen sitzen auf dem boden und trinken tee. sie laden uns ein und wir setzen uns zu ihnen. trinken tee. essen honigkuchen. einfache gespräche, mit händen und füssen, am ende eine umarmung und eine einladung, sie zu besuchen. wir fahren weiter. dankbar für diese offenheit, diese freundlichkeit.
12_01_2025
wir stehen hinter dicken mauern. eingeschlossen. sicher. aber wir sehnen uns nach begegnungen. doch wir sind die touristen. und wären es lieber nicht. wir würden gerne hinter mauern blicken in den dörfern. in den städten. der blick in das innere bleibt uns verwehrt. umso dankbarer sind wir für diese kurzen begegnungen. ein berber, der uns im souk begegnet, fragt uns, wo wir unsere fahrräder hätten. er habe uns gesehen. er habe unsere velos fotografiert, sagt er lachend. sie stehen an der mauer der moschee. im souk, in diesem gewusel, können wir uns zu fuss freier bewegen. in tiznit wird in diesen tagen das neujahr der amazigh gefeiert. "yennaier", das "tor des jahres", ist der beginn des jahres 2975 für die berber. wir dürfen teil sein und diese wunderschönen gewänder der frauen bestaunen, ausstellungen besuchen, einblick in das leben, in die bauweise ihrer häuser erhalten und die köstlichkeiten der berberischen küche riechen und kosten.
06_01_2025
die grippe hat uns erwischt. wir bleiben am gleichen ort, in aourir, und kurieren uns aus. an eine weiterfahrt denken wir heute noch nicht nach. morgen vielleicht. aber wir haben ja alles in reichweite, mit brot und früchten, gemüse, wasser und eiern können wir uns im laden des campingplatzes eindecken und fühlbar jede stunde steht jemand vor dem camper und will süssigkeiten, datteln, fische, nüsse, honig oder sonst etwas verkaufen, aber sehr unaufdringlich und freundlich. gestern abend habe ich das erste mal wieder einen spaziergang gemacht und im nirgendwo sass eine berberfamilie, die mich winkend begrüsste und mich zu einem tee einladen wollte. ich war zuerst etwas unsicher, so alleine im nirgendwo, aber setzte mich dann doch hin und trank mit ihnen feinsten heissen, süssen tee. das sind die ganz besonderen momente einer reise. auch wenn man durch scheinbar menschenleere gegenden fährt, tauchen plötzlich menschen aus dem nichts auf, winken, grüssen. oft sind es kinder. oder hirten mit ihren schafen oder ziegen. was finden sie auf diesem kargen, trockenen boden? wo finden sie wasser, wo doch alle flussbette ausgetrocknet sind?
02_01_2025
wir fahren von imsouane nach aourir. auf der linken seite der strasse diese berge, geformt in sanften wellen, ein wunderschönes lichtspiel, sandig-steiniger boden, auf dem arganbäume wachsen. und auf der rechten seite der tiefblaue atlantische ozean. diese gegend zieht surferinnen und surfer an. sie warten auf die perfekte welle. doch heute liegt der atlantik still da. wie ein weiter, tiefblauer see.
31_12_2024
wir hören trommeln und gesang. ein fremdes land. eine fremde kultur. ein wunderschönes land. ich wünsche uns leichtigkeit in all den wirren dieser zeit. besonnenheit in schwierigen zeiten. freude trotz widerständen. frieden in krisenzeiten. und liebe. ganz viel liebe.
30_12_2024
"faszinierendes marokko" - "essaouira. vielleicht bleiben sie drei tage. drei wochen. drei jahre." - "die spur von 'der kleine prinz' führt in die wüste" - "lavendelfarm zügelt nach marokko" - in meiner sammlung "da will ich hin" habe ich vor der abreise diese artikel gefunden. sie begleiten mich auf dieser reise. es sind artikel, die ich aufbewahrt habe. erschienen sind sie in den jahren 2005, 2017, 2023. ausgerissen aus dem tagblatt, der brigitte, dem migros magazin. es hatte wohl einen grund, dass ich diese artikel ausgerissen und aufbewahrt habe. etwas hat mich damals beim lesen wohl berührt. diese texte lagen lange in jener hängemappe, die nun in irgendeiner kiste im estrich liegt. und nun stehe ich in diesem land, das berührt. das etwas in mir auslöst für das ich keine worte finde. aber nun weiss ich, weshalb ich in dieses land reisen wollte. wird die sehnsucht gestillt sein, wenn uns irgendwann die fähre wieder nach europa bringt? oder wird diese reise der anfang eines grossen abenteuers sein?
29_12_2024
arganbäume auf kargem boden. ihre wurzeln reichen tief - bis 30 m tief. trockenheit und hohe temperaturen überstehen sie. und sie werden alt - bis zu 400 jahre alt. an der strasse winken männer und hoffen, dass wir ihnen arganöl abkaufen. ich möchte lieber in eine frauen-kooperative. dort gibt's einen kaffee und wir können die früchte und die kerne anschauen. ich wähle geschenke aus. und was macht die alte berberin? sie nimmt ihr handy aus ihrem kleid und telefoniert - mit einem mann. die preise für die produkte dieser frauen-kooperative bestimmt ein mann ;-)
27_12_2024
wir lassen laaouamra hinter uns und fahren nach sidi kaouki, obwohl wir auf dem platz von abdullah noch lange hätten bleiben können. meine augen suchen das schöne. aber es ist schwierig. wir haben noch nie so viel abfall gesehen in einem land. in spanien lag viel abfall. in portugal auch. aber was wir hier sehen, ist unfassbar. es schmerzt. keine einzige kehrichtverbrennungsanlage in einem so grossen land. wir fahren durch fruchtbares land, durch ödes land, durch lebhafte städtchen. über hügelketten, vorbei an frisch gepflügten feldern, bewundern die arganbäume und sehen das weite land mit diesem weiten himmel. und überall abfall. plastik, plastik und nochmals plastik. und dennoch berührt mich dieses land auf eine ganz besondere art. mir fehlen die worte, das gefühl zu beschreiben.
25_12_2024
wir haben einen wunderbaren ort gefunden. vor einem pinienwald, hinter einer riesigen düne, dahinter der weite sandstrand, menschenleer, und dann der tiefblaue atlantik. tagsüber verbreitet musik eine fröhliche stimmung über den sandigen platz und am kleinen kiosk werden tee, kaffee, süsse mandarinen, orangen, bananen, avocados und ganz viel süsskram angeboten. abends serviert uns abdullah eine tajine mit fladenbrot und pefferminztee auf dem tablett zum camper. er hat dani ins herz geschlossen. er durfte sein e-bike ausprobieren und ist bis nach el jadida gefahren. natürlich wurde dann das bike gleich noch weitergereicht. strahlende gesichter. und dani ist nun "my brother".
24_12_2024
heiligabend in marokko. die lichterkette brennt. mit den liebsten haben wir via facetime ausgetauscht. das mitgebrachte fondue ist fein. auch ohne weisswein. aus unserer kleinen pfanne ohne fonduegeschirr und -gabeln. fehlt mir etwas? geschenke? einladungen? familytime? weihnachtsbaum? schnee? mir fehlt nichts. ich bin einfach nur glücklich.
23_12_2024
wir sind in marokko unterwegs - assilah - kenitra - casablanca. in casablanca stehen wir auf einem bewachten parkplatz. unser camper steht gleich neben dem unterstand, wo unser parkwächter schläft. oder wohnt er sogar hier? beschämt stehen wir da und sehen unseren camper, der unser zuhause ist und uns alles bietet, was wir brauchen. wir leben einfach. wir staunen, mit wie wenig wir auskommen. wie wenig wasser wir brauchen und dennoch sauber sind. aber hier in marokko sehen wir, wie ein einfaches leben wirklich aussieht. eine hütte kleiner als unsere garage zuhause. ein wellblechdach. eine matratze. ein kleiner wasserkocher. eine wäscheleine. einige kleider. mehr sehen wir nicht. doch. noch sehr viel abfall. aufgehäuft. und viele hungrige katzen und hunde, die um unseren camper schleichen in der hoffnung auf ein häppchen. und dann die bittenden augen der frauen mit ihren babys auf dem rücken. da öffnen sich unsere hände. wohl ein tropfen auf den heissen stein bei der kinderschar, die sie versorgen muss. und obwohl unsere augen sich nicht verschliessen vor dem elend, bleibt die dankbarkeit für ein gutes leben.
21_12_2024
mir gehen die bilder nicht aus dem kopf. hunderte von autos und camper warten auf das gescannt werden, auf die zollkontrolle. der ruf des muezzins ertönt mitten in das gehupe, das geschrei und rufen der ungeduldigen. autotüren öffnen sich. männer rollen ihre gebetsteppiche aus. knien. beten. da begegnet uns ein blick. der mann, der während 90 minuten geduldig wartend hinter uns stehend das prozedere der immatrikulation des autos, das abstempeln des passes durchstand. ein kurzes lächeln. so viel freundlichkeit. und ein willkommensgruss im fremden land.
20_12_2024
es müssen engel gewesen sein. das denke ich abends. am zoll, wartend auf die kontrolle, hören wir das erste mal den ruf des muezzins. und ich danke gott für die engel, die uns heute beigestanden sind. ein zöllner, der uns gnädig ist. andere müssen ihr ganzes hab und gut ausräumen. ein paar vom vorarlberg, das zum zwölften mal nach marokko reist und uns unter die fittiche nimmt. abends stehen wir auf einem platz in assilah. sicher. umsorgt. mit einer marokkanischen sim-karte und wechselgeld. und wieder ertönt der ruf des muezzins. und auch wir beugen unsere knie. wenn auch nur in gedanken.
19_12_2024
so lange nicht geschrieben. sind es die vielen eindrücke, das neue, das immer-wieder-sich-zurechtfinden, das keine gedanken zulässt? wir sind viel gereist - frankreich, spanien, portugal, wieder spanien. morgen werden wir nach marokko reisen. ein neuer kontinent, ein uns fremdes land, andere sitten. angst, unsicherheit, fragen treiben mich um. die liebe treibt die furcht aus, das weiss ich seit kindertagen. das spreche ich mir zu. immer wieder. immer wieder. immer wieder.
07_12_2024
an unserem 100. reisetag darf ich sein, wo ich schon lange einmal sein wollte. in der algarve. ich darf sie nicht nur sehen. ich darf sie erwandern. riechen. hören. und ich sehe auch die weniger schönen seiten. 100 tage. wichtige persönlichkeiten werden nach 100 tagen im amt befragt. weshalb 100 tage? das habe ich mich immer gefragt. ich ahne es nun. in 100 tagen hat man wohl alles an auf und ab erlebt. freude, neugier, visionen, spannende lernprozesse, man ist risikobereit, ist dankbar für inspirierende begegnungen, trauert dem gewohnten, dem vertrauten, den lieben nach, steht vor herausforderungen, muss unsicherheiten, schwachheit, krisen, versagen und furcht überwinden. 100 tage haben wir durchlebt. und nun gehen wir weiter mit zuversicht und demut. im annehmen neuer herausforderungen. im überwinden der ängste. in dankbarkeit für hilfreiche begegnungen und göttlichen schutz. und mithilfe von nützlichen apps ;-)
04_12_2024
heute sind wir getrennt unterwegs. dani mit dem bike auf unbefestigten wegen. ich mit meinem bike auf befestigten wegen. ich stehe an einem felsvorsprung an einer steilküste. ich begegne einem jungen paar. ein schwerer rucksack. wanderschuhe. sie gehen wohl den pilgerweg nach santiago de compostela. oder den fischerpfad von s. tores bis nach luz. über 200 km wilde küste. dem atlantik, den klippen entlang. manchmal auf sandigem boden. manchmal über felsen. und manchmal durchs buschland. und ich? nach einem vormittag fahren entlang der küstenwege, der gepflügten felder, durch buschland und wälder stehe ich irgendwo an einer kreuzung - weit und breit kein anhaltspunkt, wo ich bin. ich versuche, mich auf googlemaps zu orientieren. da kommt ein biker dahergefahren. dani. unzählige abzweigungen, wege, und dann treffen wir uns. an einer kreuzung, wo wir noch nie waren und die wir wohl nie mehr finden würden. wir trennen uns wieder und fahren wieder unsere eigenen wege. viele kilometer später begegne ich dem jungen paar noch einmal. die welt ist klein. und immer wieder gibt es begegnungen, die wir weder erwartet noch herbeigeführt haben. sie kommen uns einfach entgegen.
27_11_2024
lissabon - eine wunderschöne stadt. sie wird mir in erinnerung bleiben. der wind bläst durch die engen gassen. bei den essbuden an den weihnachtsmärkten sitzen die menschen an der sonne. strassenkünstler und musiker lassen uns innehalten. doch nun sind wir dem trubel der grossstadt entflohen. einfach nur stille. korkeichenwäler. still liegt der see vor uns. kein wind kräuselt das wasser. nachts ein sternenhimmel. und da stehe ich in der kalten nacht und spüre, wie trotz dieser schönheit, trotz der vielen eindrücke, ein wenig heimweh aufkommt.
24_11_2024
wir stehen mitten auf der praça do comércio in lissabon. in belém geniessen wir pastéis de belém. bestaunen das mosteiro dos jerónimos, gehen durch den jardim botânico tropical. abends findet die inauguração das iluminações de natal statt. mit tausenden von menschen staunen wir über den beleuchteten weihnachtsbaum und gehen durch die weihnächtlich beleuchteten strassen. wir werden gedrängt, bedrängt. mein bruder sagt, wenn er an portugal denke, dann denke er an porto. wenn ich einst zurückschauen werde, woran werde ich denken? auch an porto? oder an lissabon? oder an das meer? oder die eukalyptus- und korkeichenwälder? oder an den schmutz? die dörfer und vorstädte ohne charme? oder an die kurzen begegnungen mit menschen?
22_11_2024
nazaré - der ort, an den die meisten menschen reisen, weil sie einmal die höchsten wellen weltweit bestaunen wollen. auch wir. aber das meer liegt ruhig vor uns. wir haben schon höhere wellen gesehen. die gigantischen wellen an der praia do norte ziehen surfer aus der ganzen welt an. in der festung forte de san miguel arcanjo sind surfbretter der weltbesten surfer ausgestellt. aus den zitaten der surferinnen und surfer spürt man die faszination, ihren respekt vor der gewaltigen natur, ihren mut und ihre überwindungskraft, aber auch ihre ängste. sie sind sich der gefahren bewusst und doch zieht es sie hinaus aufs meer. weit draussen sehe ich sie. wie kleine punkte in der wilden see. wartend auf ihre welle.
17_11_2024
seit wir auf reisen sind, schreibt mir eine kollegin immer wieder einmal: «hüt isch im fall mittwoch!», oder «hüt isch im fall friitig!». ich schaue nicht mehr in den kalender. es gibt keine to-do-liste mehr. welcher wochentag ist, spielt keine rolle. es ist tag. es wird abend. es wird nacht. und es wird wieder tag. es gibt tage, da bin ich reisemüde. zu viel neues. zu viele eindrücke. darum liegen wir heute am strand. der sand ist warm. der wind ist kühl. das meer ist wild. und das tosen der wellen übertönt jeden anderen laut.
13_11_2024
am morgen noch lagen wir in den heissen quellen, haben aquis querquennis bestaunt und am abend sind wir bei strömendem regen angekommen in braga. wir haben die grenze spanien-portugal in einer wilden berggegend überfahren. wieder in einem fremden land. mit einer uns fremden sprache. sich verloren fühlen. und sich langsam wieder zurechtfinden. und immer neue wege betreten. wege, die wir noch nie gegangen sind. wege, die wir wohl nie mehr gehen werden.
11_11_2024
wir stecken fest. die satelliten-schüssel fährt nicht mehr ein. so können wir nicht weiterfahren. dani klettert aufs dach. montiert das teil ab. und acht stunden später ist der fehler gefunden, die satelliten-schüssel wieder montiert. so ein geschenk. und wir bekommen heute noch ein weiteres geschenk. wir gehen abends auf die plaza major in rabadavia. alle tischchen der bar sind besetzt. wir setzen uns zu einem alten mann. bestellen zwei vermut. ein gespräch ist nicht möglich. dank der übersetzungsapp tauschen wir einige sätze aus, bevor der mann bezahlt und sich mit einem kurzen gruss verabschiedet. als wir bezahlen wollen, sagt uns der barkeeper, unsere getränke seien bereits beglichen. eine kurze begegnung, einige worte, ein lächeln und dann das unerwartete. es sind solche begegnungen, die uns wie ein geschenk des himmels entgegenkommen und unserer reise einen sinn geben.
10_11_2024
manche pilger ziehen von santiago de compostela weiter bis zum cap fisterra. geschichtlich wurde dieses kap für das westliche ende der welt gehalten - finis terrae -, lese ich bei wikipedia. es ist ein aussergewöhnlicher ort. beschriftete steine, schuhe, wanderstöcke werden abgelegt am kreuz unten am fels. abends zieht nebel auf und wir schlafen ein beim schein des leuchtturms.
08_11_2024
endlich in santiago de compostela. ob ich wenigstens die letzten kilometer zu fuss gegangen bin, fragt mich ein freund. aber das kann ich nicht. ich wäre mir vorgekommen wie eine heuchlerin. wenn schon, dann recht. aber dafür geht mir das erhabene gefühl abhanden, das die pilger erleben. die einen sitzen an säulen gelehnt, andere liegen erschöpft am boden, wieder andere gehen leichtfüssig über den platz. was haben diese menschen erlebt? was geht in ihnen vor? mir fehlen die gespräche. meine unbeantworteten fragen schweben über mir. ich gehöre nicht zu den überwinderinnen. ich gehöre zu diesen touristen. und die werden bedient in souvenirläden, die sich aneinander reihen. ich möchte alleine sein mit meinen gedanken. alleine in der messe sitzen und den weihrauchkessel schwingen sehen. mich einhüllen lassen in den rauch und den duft des weihrauchs. aber der weihrauchkessel schwingt nicht. und weihrauch für meinen bruder finde ich auch nicht.
06_11_2024
ein dorf, ohne charme, schmucklose häuser, finstere gesichter, schmutz und abfall - da senkt sich der blick und entdeckt wunderschöne muster, da hebt sich der blick und sieht die sanften hügel galiziens, ein zitronenbäumchen und wird überrascht mit einem liebevoll servierten kaffee…
01_11_2024
o cabreiro - was für ein eindrücklicher ort mit seinen strohbedeckten steinhäusern. ein ort, wo sich pilger ausruhen von dem anstrengenden aufstieg hier hinauf. morgen werden sie weiterwandern auf ihrem weg nach santiago de compostela. von hier aus sind es noch 157 kilometer. wir bewundern sie. und sind gleichzeitig dankbar für unsere "einzimmerwohnung" auf rädern.
30_10_2024
wir sind wieder einmal in einer stadt. in leòn. und ich mache das, was mir unvorstellbar war bis anhin. wir steigen in eines dieser touristenzüglein, die mich an den jahrmarkt erinnern, und lassen uns durch die stadt fahren. ich schäme mich. und doch muss ich gestehen - wir bekommen einen ersten über- und einblick in die stadt. und am nachmittag und abends sind wir dann zu fuss unterwegs und wissen, was wir anschauen möchten. wir kennen uns schon fast ein bisschen aus. und das dank der ausfahrt in diesem lächerlichen touristenzüglein.
29_10_2024
heute scheint wieder einmal die sonne. wir sind in carrizo de la ribera. auf dem stellplatz - eine grosse wiese mit allen dienstleistungen, die camper brauchen (trinkwasser tanken, grau- und schwarzwasser entsorgen, abfallcontainer und das erst noch alles kostenlos) - sind wir die einzigen. die meisten camper sind wohl schon weiter in den süden gefahren. eine gute gelegenheit, wieder einmal einen grossputz zu machen. also nicht ich - dani macht das ;-) ich erledige derweil das administrative, schreibe meinen liebsten, lese zeitung.
27_10_2024
heute fahren wir landeinwärts - von ajo nach potes. über pässe. durch kastanienwälder. im nebel. auf dem puerto de palombera hat es gerade 6 grad. und es regnet. ohne unterlass. eine gute gelegenheit, in potes eine lavanderia aufzusuchen und wieder einmal wäsche zu waschen. neben uns auf dem stellplatz steht einem paar mit seinem schäferhund. wir sind uns schon einmal begegnet auf unserer reise. es gibt so viele stellplätze, so viele ortschaften, so viele möglichkeiten, in den süden zu reisen. und dann begegnet man einem menschen ein zweites mal. das kann kein zufall sein. es ist ein geschenk. auch wenn es nur ein paar wenige worte sind, die wir wechseln.
26_10_2024
wir sind in ajo angekommen. es regnet. wir wandern trotzdem auf dem camino de faro zum leuchtturm faro de ajo. der steile, schmale, unwegsame pfad hoch über den klippen, immer das tosende meer im blick, ist eine herausforderung. aber die aussicht entlohnt die mühe. ohne die helfende hand meines liebsten hätte ich diesen weg nicht geschafft. unsere schuhe sind nass. wir sind müde. das ankommen im camper tut gut. bei einem glas rioja erholen wir uns. wie gut, eine heizung im camper zu haben. und alles andere, was wir brauchen.
24_10_2024
bilbao. wieder einmal eintauchen in eine grosse stadt. mit dem citybus die stadt erkunden. das guggenheim museum besuchen. vom reduzierten eintrittspreis für pensionierte profitieren. in der altstadt sitzen und menschen beobachten. ihnen zuhören, ohne etwas zu verstehen. keinen mut zu haben, die metro zu benutzen. und dann auch das elend sehen, das sich in einer stadt besonders offenbart - ungerechtigkeit, prostitution, armut, drogensüchtige, menschen, die in den abfallcontainern wühlen, schmutz. und wenige schritte weiter wunderschöne parks, alleen, cafés. wir nehmen den bus rauf zum stellplatz, von wo wir einen atemberaubenden blick auf die stadt haben. und dann fahren wir weiter, der nordküste spaniens entlang. meer. schroffe felsen, die steil ins meer hinab reichen. weite. strahlendblauer himmel. schmale küstenwege. einfach gut.
20_10_2024
ich erinnere mich an eine reise. vor langer zeit. nach ungarn, in ein land, dessen sprache ich nicht kenne. nun sind wir in spanien. im baskenland. wir verstehen kein wort. alles ist in baskisch angeschrieben. alles ist uns fremd. das vertraute von frankreich ist hier nicht mehr. wir müssen uns zurechtfinden. das ist spannend. aber nicht einfach. und manchmal beängstigend. mein datenvolumen ist aufgebraucht. werden wir plätze finden, wo wir ruhig übernachten können? werden wir uns zurechtfinden?
18_10_2024
ich stehe am "plage des océanides" in capbreton. drei meter hohe wellen rollen auf mich zu. fast ein wenig beängstigend. ich beobachte die wilden gleitschirmflieger, die an den meterhohen sanddünen entlang, über unsere köpfe und übers meer fliegen. schwerelos, wie adler im aufwind. eine junge, zierliche frau mit wilden rastalocken kämpft. gegen den wind. mit den leinen. immer wieder fällt der hauchdünne stoff zusammen. dann bäumt sich der stoff wieder auf im starken wind und die frau kämpft in den tragegurten. wird mitgerissen. fällt. sie wird durch den sand gezogen. sie kämpft sich immer wieder hoch. manchmal sitzt sie einfach im sand. dann rollt eine riesige welle an den strand und ihre füsse und ihr gleitschirm werden nass. sie kämpft weiter. der stoff verfängt sich in dem holzzaun, der die düne schützt. sie kämpft weiter mit den leinen, mit dem stoff, der immer wieder hochgerissen wird vom wind. abends sehe ich sie nach erfolglosem kampf an der steilen düne sitzen. ob sie weint? sie steht auf. packt den ganzen stoff unter ihre arme und kämpft sich die düne hoch. alles ist voller sand. der stoff. ihr rucksack. ihre kleider. ich treffe sie bei der dusche, wo sie den sand abwäscht von sich, von ihren sachen. ich gehe zu ihr hin. "tu es une combattante. même si tu auras encore beaucoup de combats dans ta vie - du vaincras!"
17_10_2024
zwei männer arbeiten an unserem camper. und dani hilft mit. es hat aus kübeln gegossen. und wieder regnet es bei einem seitenfenster rein. und das oblicht im bad hat einen schaden. wir haben uns entschlossen, auf der sicheren seite zu sein und gleich beide oblichter zu ersetzen. wir sind schliesslich noch lange unterwegs. wasser im camper können wir nicht gebrauchen. wir sind dankbar für hilfsbereite und fleissige fachmänner.
15_10_2024
am lac de biscarrosse et parents - ein see mit sandstrand - und dann zieht es mich wieder an den atlantik. ich kann mich nicht sattsehen an den heranrollenden wellen. an den wolkenbildern. den lichtspielen auf dem weiten meer. der ort ist ausgestorben. zeichen von hohem touristenstrom in der hochsaison. die meisten restaurants und bars sind geschlossen. "au revoir l'année prochaine!", lese ich an der eingangstür eines restaurants. und wir sind hier. mit ein paar surfern. jung. kräftig. mutig. mögen die wellen sie sicher ans land tragen.
11_10_2024
den atemberaubenden blick über die bucht muss man sich erkämpfen. steil geht es hoch durch den tiefen sand an der "dune du pilat". ich beobachte eine möwe, die sich schwerelos im aufwind treiben lässt. ich stehe im wind. die sonne bricht durch die wolken und spiegelt sich im ruhigen wasser. aber weit draussen brechen die wellen und zeugen von der macht der flut.
10_10_2024
der sturm schüttelt uns durch. wir sitzen im camper und hoffen, dass keine herunterfallende äste unsere dachfenster beschädigen. unruhige nacht und am morgen aufwachen. dankbar, bewahrt geblieben zu sein. der sturm hat uns verschont. und dann bricht die sonne durch die wolken. eine frische brise weht. und wir brechen auf - weiter ins ungewisse.
09_10_2024
wir sitzen in unserem camper. draussen regnet es. und es stürmt. hurrican kirk ist auf dem weg aufs festland frankreichs. zeit, um zahlungen zu machen, zeitung online zu lesen, per postcardcreator karten zu versenden an unsere mütter. auch wenn in diesem sturm auch bangen aufkommen kann, bleibt auch an solchen tagen die dankbarkeit für ein dach über dem kopf, auf kleinstem raum alles zu haben, was wir brauchen. einen platz zu haben, wo wir stehen dürfen, ohne dass sich jemand aufregt, ein parkplatz vom "parc du cypressat" in cenon. er ist gleichzeitig auch ein personalparkplatz für eine institution für menschen mit einer beeinträchtigung. und niemand scheint es zu stören, dass hier ein camper steht.
08_10_2024
bordeaux - was für eine beeindruckende stadt. über die hubbrücke "pont jacques chaban-delmas" zur "cité du vin" fahren, im "le bassin des lumières", dem grössten zentrum für digitale kunst, stehen. staunen über die spiegelungen der farben im wasser. die klänge der musik auf sich wirken lassen. auf dem "place de la bourse" sitzen und am "mirror d'eau" den skatern zuschauen. prächtige gebäude bestaunen, am ufer der garonne entlang fahren. für velofahrerinnen und velofahrer ein traum. grosszügige, oft sehr breite, zweispurige velowege, gut markiert. und dazu noch geduldige autofahrerinnen und autofahrer. doch es ziehen regenwolken auf. zeit, zurück nach cenon zu fahren. es gilt, tüchtig in die pedalen zu treten und einige höhenmeter zu überwinden.
01_10_2024
er regnet in strömen. auch das muss einmal sein. der liebste ist beschäftigt. das seitenfenster ist undicht. verkleidung, matzratze und leintuch sind nass. ein handwerker im "haus" - was für ein segen. ich gehe derweil im regen zur post und schicke nachrichten und ein kleines geschenk in die heimat. und ich habe zeit zum schreiben, zum lesen. und den schadenfall an unserem dachfenster der versicherung zu melden. wir sind beschäftigt - und das ist gut.
28_09_2024
langsam geht alles zu ende, was wir mitgenommen haben von zuhause. der honig aus hefenhofen, den mir meine nachbarin zum abschied mitgegeben hat. die teigwaren. auch ein geschenk einer nachbarin. das fleischgewürz vom freund. das handy geschirrspülmittel vom migros. die salatsauce mit dem feinen weissen traubenbalsamico vom kressibucher. und natürlich die schokolade. allerdings, weil wir sie verschenkt haben bei einer begegnung vor der "laverie". dann gibt es aber auch dinge, die ich unbedingt mitnehmen wollte, weil ich dachte, ohne die könne ich nicht auf eine lange reise gehen. meine kaffeetasse. mein frühstücksmesser. mein schminkzeug. doch heute merke ich, mein alltag ist ein anderer. die umgebung ist immer wieder eine andere. ich kann gut auf dinge verzichten, die mir vorher scheinbar so wichtig waren. wir leben ein einfaches leben. und das ist gut.
22_09_2024
so viele tage nicht mehr geredet. nur mit meinem liebsten. heute wurde ich beschenkt. ein klopfen an unser fenster. jemand hat unsere tg-autonummer erkannt. thurgauer, die hier in der bretagne leben. small talk. aber der kreis schliesst sich. wir kommen näher. und erkennen: wir kennen uns. gut sogar. wir haben viel gemeinsam erlebt. nur ist es sehr lange her. wohl fast fünfzig jahre. one way - jugendgruppe. spaghettiessen. lager. gitarre und singen. tiefe freundschaft. wir lachen. reden. verabschieden uns, ohne adressen auszutauschen. in der nacht wälze ich mich. erinnerungen kommen hoch. und die sehnsucht nach einem weiteren gespräch. doch unsere reise geht weiter. zurück bleibt eine tiefe dankbarkeit für eine begegnung, die von höherer hand vorbereitet wurde. über tausend kilometer von zuhause entfernt. ein wiedersehen in einem kleinen dorf. das kann nur ein wunder sein.
21_09_2024
ich staune, wie schnell man abgeschnitten ist vom alten leben. zuhause geht das leben weiter. vieles erlebe ich nicht mit. bin aussenstehende. zuhörende. ich bin weit weg. ich kann nicht teilnehmen. ich kann nicht anteil nehmen. es ist gut. die entfernung hilft. aber es hat auch etwas unwiderbringliches, das verloren ist. freunde verlassen ihr haus. ziehen in eine neue stadt. ich werde nicht mehr in dieses haus eintreten können. ich werde nicht durch den wilden garten gehen können. fremde wohnen jetzt dort. und ich bin nicht teil von der neuen wohnung. ich habe keine bilder vor augen. sie bauen ihr leben auf an einem neuen ort. dieser ort ist mir fremd. irgendwann werde ich in diesen wohnraum eintreten und er wird mir fremd sein. weil ich nicht teil der veränderung war. und diese zeit ist unwiderbringlich. und dann sind da meine freunde. jede woche habe ich mit ihnen gefeiert. das ende der woche. ich habe anteil genommen an ihrem leben. wir haben uns einander anvertraut. ein mensch ist gestorben. ich bin nicht bei ihnen. und die kinder. die enkelkinder. ich konnte ihre fortschritte miterleben. ich habe den alltag mit ihnen geteilt. ich konnte anteil nehmen an ihrem wachsen. an ihren erlebnissen. ich kannte ihre freunde. sie klettern auf die baumhütte und ich stehe nicht mehr angstvoll unten. ich bin weit weg. sie feiern feste und ich bin nicht da. ihr leben geht weiter. meines bleibt stehen. auch wenn ich in bewegung bin. immer weiter. immer langsamer. geniessen. wilde landschaften. liebliche täler. malerische dörfer. und das meer. die wellen. die weite. die freiheit. ich gehe durch die heidelandschaft. heide - und meer - was will ich mehr.
17_09_2024
alles touristische meiden wir. meistens. heute nicht. le mont-saint-michel, das muss einfach sein. was für künstler diese menschen waren, die vom 9. bis 15. jahrhundert auf dieser felseninsel gebaut haben. schauen. staunen. und dann dem touristenstrom entfliehen.
12_09_2024
wir freuen uns. wir fahren mit dem camper. mit dem velo. und staunen über das rücksichtsvolle miteinander auf der strasse. zuvorkommend. vorsichtig. kein hupen. kein händeverwerfen, wenn wir suchend und langsam nach strassenschildern suchen. frankreich ist ein freundliches land. lieblich. friedlich. wir sind nicht blauäugig. wir wissen um die probleme. aber wir sind dankbar für das gute, das uns entgegenkommt.
10_09_2024
wandern an der alabasterküste. 140 kilometer lang kalkhaltige klippen zwischen der mündung der seine und der somme. zum ersten mal in meinem leben stehe ich am rand von klippen und schaue auf die felsen. das schäumende meer. eine weitwanderung. das wär's. wenn nur meine füsse mitmachen würden und die verdickten mittelfussnerven nicht diese brennenden schmerzen verursachen würden. ja. dann würde ich in der normandie wandern von le tréport bis nach le havre. und dann weiter auf dem zöllnerpfad in der bretagne.
08_09_2024
ich sehe das meer. kalt und stürmisch. schwere wolken. ich stehe im wind. glücklich.
02_09_2024
ich schaue in den kalender meines handys. hat es das schon einmal gegeben? keine ereignisse. lese ich. ein leerer kalender. keine termine. keine erinnerungen. einfach leben. einfach weiterziehen. nichts tun müssen. ausser für genügend wasser sorgen. für brot und wein. und bier für den liebsten. gas und diesel, das brauchen wir auch. und einen ort zum entsorgen. einfaches leben.
30_08_2024
irgendwann muss die entscheidung fallen. die entscheidung zu gehen. loszulassen. es ist fast alles gepackt. geräumt im estrich unseres hauses. es wird weiter gelebt darin. es wird gepflegt. wir lassen unsere lieben zurück. die kinder. die enkelkinder. die mütter. die freundinnen und freunde. den garten. wir hätten ein abschiedsfest feiern können. aber das haben wir nicht. wir gehen. ohne uns von allen zu verabschieden, die uns wichtig sind. tränen kann ich jetzt nicht brauchen. das herz weint auch so.